Die Kirche Unterkulm
Mitten im Wynentaler Dorf Unterkulm erhebt sich an der Hauptkreuzung die reformierte Pfarrkirche mit ihrem markanten spitzgiebligen Glockenturm. Darum herum gruppieren sich im Siedlungskern das Gemeindehaus, Schulbauten sowie das Bezirksgebäude.
Das erste fassbare Gotteshaus aus dem 12. Jahrhundert hat sich im Mauergeviert des heutigen Kirchenschiffs erhalten. Es war ehemals dem hl. Martin von Tours geweiht. Im 13. Jahrhundert wurde diese romanische Kirche um einige Meter nach Osten verlängert. Der hier neu errichtete Rechteckchor behielt die Breite des Kirchenschiffs bei. An seiner Südseite entstand gleichzeitig der noch existierende Glockenturm. Im frühen 14. Jahrhundert wurde die Kirche um das heute noch bestehende kreuzgewölbte Chorquadrat erweitert und dieses mit Fresken geschmückt. Seit der Aufstockung des Glockenturms um 1500 wurden an der Gesamtgestalt des Gotteshauses kaum mehr Veränderungen vorgenommen. Für das Kircheninneren bildete die im Bernbiet 1528 eingeführte Reformation einen folgenreichen Einschnitt: der Freskenschmuck wurde übertüncht und die Altäre entfernt. Die 1530 vom Winterthurer Uhrmachermeister Laurentius Liechti gelieferte Turmuhr tut auch nach fast 500 Jahren noch immer zuverlässig ihren Dienst. Sie ist damit eine der ältesten Turmuhren der Schweiz, die an ihrem angestammten Platz in Funktion stehen.Die umfassende Restaurierung von 1967/68 brachte die künstlerisch hochstehende Chorausmalung aus dem frühen 14. Jahrhundert endgültig wieder ans Licht. Sie ist im Gewölbe komplett, an den Wänden jedoch nur fragmentarisch erhalten. Hier finden sich neben seitlichen Apostelreihen an der Stirnwand Szenen aus dem Leben der Heiligen Martin und Fridolin. Die Gewölbezwickel enthalten vier erscheinungshafte Thronbilder Christi (Majestas Domini, Weltenrichter, Gnadenstuhl und Marienkrönung), die auf die Wiederkunft des Herrn, die anbrechende Endzeit anspielen. Mit ihrem geschmeidigen Figurenstil lässt sich die Unterkulmer Chorausmalung der Frühgotik zuordnen und in die Zeit um 1320 datieren. Sie dürfte von einer Werkstatt aus dem zürcherisch-konstanzischen Kunstkreis geschaffen worden sein.
Die Kirche Unterkulm steht seit 1950 unter kantonalem Denkmalschutz und seit 1968 unter Bundesschutz.
Um die Erforschung der Geschichte der Kirche Unterkulm haben sich zwei Persönlichkeiten besonders verdient gemacht: Pfarrer Max Stückelberger, der 1963 bis 1984 in Unterkulm als Seelsorger wirkte, und Gotthold Gautschi, langjähriger Organist der Kirchgemeinde Kulm. Von ihnen stammt die vergriffene Broschüre «Baugeschichte der Kirche Kulm» aus dem Jahr 1971, die heute noch grundlegend ist.
Die Fotografien wurden von der Denkmalpflege des Kantons Aargau (Fotografien von Foto-Color-Studio Simon, Schönenwerd, sowie Franz Jaeck) und der Autorin zur Verfügung gestellt; eine Aufnahme ist der Broschüre von Stückelberger/ Gautschi 1971 entnommen (Fotograf Adolf Jung, Unterkulm); die Pläne stammen von Architekt Reto Müller, Unterkulm.
Verfasst von Edith Hunziker