Die Kirche Muhen – eine dreissigjährige Vorgeschichte

«Ober-, Mittel-, Untermuhen,
all in einem Haus vereint,
das war lang schon unser Sehnen,
nun dankt Gott, es ist soweit!»
(1961)

Etwas vom Besonderen für diese Kirchgemeinde und ihre Kirche ist die überaus lange und alles andere als einfache Vorgeschichte, bis die Kirche 1961 endlich eingeweiht werden konnte: «Eine Kirche zu bauen ohne Rückhalt von Mäzenen, ohne vorhandene Finanzen und ohne ein bestehende Kirchgemeinde ist heute nach menschlichem Ermessen kaum mehr vorstellbar. Eine schier unmögliche und eindrückliche Leistung wurde von der Sache überzeugten Menschen innert 30 Jahren von 1931 bis 1961 vollbracht.»
Die Reformierten von Muhen gehörten bis 1946 zu zwei verschiedenen Kirchgemeinden, nämlich Schöftland und Oberentfelden. In diesem Jahr wurde an einer Gemeindeabstimmung mit deutlichem Mehr für eine eigene Kirchgemeinde abgestimmt.

Startkapital 1000 Franken – Gründung des Kirchenbauvereins 1931
Aber schon 15 Jahre zuvor, 1931, wurde auf Initiative – und nicht ganz einstimmig – von Lehrer Friedrich Bolliger ein Verein zur Gründung einer eigenen Kirchgemeinde Muhen gegründet und bereits das Startkapital und ein finanzieller Grundstock in der Höhe von 1000 Franken für ein kirchliches Gebäude errichtet. Auf die Berichterstattung und einen Aufruf an auswärtige Müheler im «Aargauer Tagblatt» erfolgten spontan erste Zahlungen an diesen Verein.

Der Verein wurde 1943 rechtlich abgesichert, und 1945 beschloss die politische Gemeinde Muhen einstimmig, dem Kirchenbauverein jährlich 2000 Franken zu überweisen. «Mit diesem Beschluss dokumentierte die politische Gemeinde die Unterstützung des Kirchenbauvereins.» Im gleichen Jahr wurden in Muhen – in der alten Turnhalle – erste Gottesdienste, Taufen, Trauungen, die Konfirmation und Kinderlehre abgehalten werden, um im Oktober 1945 wurde Pfarrer Willi Fischer als Hilfspfarrer für die Gemeinde eingesetzt.

366 Ja und 32 Nein – Eigene Kirchgemeinde Muhen 1945
Am 8. Dezember 1946 wurde die Kirchgemeinde Muhen offiziell gegründet und, wie erwähnt, im gleichen Jahr mit 366 Ja-Stimmen gegen 32 Nein-Stimmen bestätigt. Die Aargauer Reformierte Synode und der Aargauer Grosse Rat genehmigten die neue selbständige Kirchgemeinde Muhen per 1. Januar 1948. Bereits am 26. Januar 1946 fand die erste Sitzung der neuen Kirchgemeinde statt.

Vom ersten Planen zur Kirche 1947–1961
1947 wurde das neue Schulhaus mit Turnhalle anlässlich des Jugendfestes im September eingeweiht. Am historischen Umzug wurde das von der Jungen Kirche unter der Leitung von Fachleuten – mit installiertem Glockengeläut! – Modell mit- und vorgeführt: «Für viele Zuschauer noch eine Wunschvorstellung und ein Zukunftstraum, die aber möglichst bald Wirklichkeit werden mögen, wenn auch nicht dem Modell entsprechend!»

Die Wünsche an die neu zu erbauende Kirche waren zahlreich, vorerst aber ging es um die Wahl eines geeigneten Bauplatzes, welches sich als «äusserst heikles und äusserst schwieriges Unterfangen» gestaltete, während dessen verschiedene Standorte geprüft und wieder verworfen wurden. 1949 entschied man sich schliesslich für den Standort «Hori», auf dem am weitesten ins Tal vorstossende Westhang. Landabtausch, die grosszügige Schenkung eines Waldgrundstückes von 37,15 Aaren durch die Ortsbürgergemeinde und die Vorbereitung des Baugrundes mit beträchtlichen Erdbewegungen, Abholzung des Waldes und Ausbrechen des Sandsteinfelsens.
Am 9. März 1951 trafen sich die drei Mitglieder der neu gewählten Baukommission zu ihrer ersten Sitzung, um die Bauplanungsarbeiten zu konkretisieren. Am 16. Juli des gleichen Jahres wurde an der Kirchgemeindeversammlung die Baukommission bestätigt und beauftragt, die Vorarbeiten für den Kirchenbau in die Wege zu leiten. Für einen Projektwettbewerb wurden vier Architekturbüros ausgewählt.

Es folgte eine lange und intensive Bauplanungsphase, während derer Grundsatzfragen wie Stellung, Grundriss und Dachform der Kirche, Standort des Turmes und vieles mehr wurden intensiv diskutiert.
Bis zum Baubeginn 1955 wurden verschiedene Aktionen durchgeführt, um den Kirchenbaufond weiter zu äufnen, so auch an auswärtige Müheler.

Bauphase 1955–1961
1955 wurden Grundriss der Kirche und die Baulinienhöhe festgelegt, am 11. November war Baubeginn mit der Zufahrtstrasse. Bereits früh zeigte sich, dass das Budget von bewilligten 500'000.– unvorgesehene Zusatzkosten nur knapp verkraften konnte, und 1957 musste deshalb ein Nachtragskredit von 25'000.– bewilligt werden. In diesem Jahr wurde auch das Projekt von Architekt Hans Hauri aus Reinach definitiv zugestimmt, der in seinem Kostenvoranschlag 666'927.– veranschlagt hatte; der Kredit von 773'000.– wurde bewilligt, wobei man die Restfinanzierung mit weiteren Spenden und zinslosen Darlehen zu bewältigen plante. Eine Sondersteuer für den Kirchenbau wurde auf 10% erhöht, somit betrug der Kirchensteuerfuss 35%: Diese Steuererhöhung wurde von einigen Gemeindemitgliedern zum Anlass genommen, aus der Kirche auszutreten! Vom 24. Oktober bis 3. November 1958 lag das Baugesuch für die Kirche öffentlich auf, am 26. Dezember erteilte der Gemeinderat die Baubewilligung; zu diesem Zeitpunkt war die Kirche bereits in der Rohbauphase. 1959 konnte anfangs Februar mit den Fundamentarbeiten begonnen werden, und am 5. April wurde feierlich der Grundstein gelegt. Anfangs Juni stand auf dem neuen Kirchturm das Aufrichtebäumchen, und Mitte August wurde der Rohbau der Kirche fertiggestellt. Um mit den Umgebungsarbeiten rechtzeitig fertigzuwerden, halfen Turnverein und Fussballclub Muhen kräftig und unentgeltlich mit! Viele Gemeindemitglieder halfen in dieser Phase mit Rat und Tat, mit Geld- und Sachspenden mit. » In der Gemeinde wurde eine Geldsammlung für die Kirchenbänke durchgeführt: «Man erhoffte sich dadurch, dass jeder Lohnempfänger mindestens 20 Franken von seinem Zahltag für die Kirche abzweigt. Ein jeder «kauft» sich in der Kirche einen Sitzplatz!»

Einweihung der Kirche Muhen 1961
«Am 22. Januar 1961 konnte die Kirche bei schönstem Wetter und grosser Beteiligung der Bevölkerung von nah und fern eingeweiht werden.» Am 9. Juli wurde auch die Orgel durch den Organisten Hans Holliger aus Aarau eingeweiht, und eine Woche später fand der feierliche Glockenaufzug statt.

Nach dreissigjähriger Vorgeschichte und dreijähriger Bauzeit war der Kirchenbau fertiggestellt. Die verbliebene Bauschuld von 97'404.55 war 1971 getilgt, und die Baukommission konnte unter Verdankung ihrer Verdienste aufgehoben werden.

«50 Jahre Kirche Muhen – 1961–2011» von Kurt Rey

Ein historische Foto, vermutlich kurz nach der Erstellung des neuen Kirche