Glasmalereien in reformierten Kirchen im Aargau in den verschiedenen Regionen

Der Kanton Aargau ist ein gemischtkonfessioneller Kanton, was sich anhand der Verteilung von katholischen und reformierten Kirchen noch heute sehr gut nachzeichnen lässt.

Die Eroberung durch die bernischen Eidgenossen (1415) hatte eine neue Aufteilung der Regionen zwischen verschiedenen politischen Mächten zur Folge: Der geographisch grösste Teil des Aargau im Westen kam unter die Herrschaft der Berner, das Fricktal verblieb unter der Restherrschaft der Österreicher. Daneben gab es die Grafschaft Baden und die Freien Ämter, die sogenannten Gemeinen Herrschaften: Untertanengebiete, die von verschiedenen Orten der alten Eidgenossenschaft verwaltet wurden.

Eingangsseite der 1965 erstellten Kirche Brunegg, die aus einer Weissglasfront besteht, in das ein nicht bezeichnete kleine farbige Scheibe eingelassen ist – vielleicht Ausdruck der aufwendigen Bemühungen um Finanzierung und Bau einer eigenen kleinen Kirche?

Die Reformation führte in den Jahren zwischen 1528–31 zu zusätzlichen Trennungen innerhalb des Aargau mit weitreichenden Folgen. Die drei genannten Gebiete sollten für lange Zeit konfessionell ihre eigenen Wege gehen und sich auch immer wieder bekämpfen: Der Westaargau wurde von Bern streng kontrolliert und übernahm auch die Reformation von Bern. Die Gemeinen Herrschaften wurden durch die katholische Innerschweiz bestimmt. Das Fricktal verblieb unter österreichischem und damit ebenfalls streng katholischem Einfluss. Während über 200 Jahren blieben diese Verhältnisse gleich, und in dieser Zeit haben sowohl die Reformierten wie die Katholiken ihre Positionen gefestigt und ausgebaut.

Die Aargauer Kirchen lassen sich im wesentlichen in folgende bauhistorische Gruppen aufteilen:

  • vorreformatorische Kirchen, die auch nach der Reformation bei den Katholiken verblieben. Beispiele sind die St. Verenakirche in Zurzach oder die Stadtkirche Mariä Himmelfahrt in Baden.
  • vorreformatorische Kirchen, die nach der Reformation umgewandelt wurden und seither als reformierte Gotteshäuser genutzt werden. Prominente Beispiele sind die Stadtkirchen Aarau, die Stadtkirche Zofingen, der Staufberg, der Kirchberg, die Kirchen Unterkulm, Suhr, Windisch und weitere zwanzig Kirchen, die vor 1522 erbaut wurden.
  • nachreformatorische Kirchen ab dem 16. Jahrhundert, die als reformierte Gotteshäuser erbaut wurden. Die erste dieser Kirchen ist Reinach, die nur kurz nach Einführung der Reformation im Aargau innert kürzester Zeit «aus dem Boden gestampft» wurde. Prominente Beispiele nachreformatorischer Neubauten sind die Kirchen Baden, Brugg, Gränichen, Lenzburg und Zurzach. Viele von ihnen orientieren sich an der Architektur des hugenottischen Predigtsaals.
  • katholische Kirchen, die nach der Reformation und oft in bewusst gegenreformatorischer «Aufrüstung» neu gebaut wurden. Im weiteren wurden Wallfahrtsorte und Marienverehrungsstätten wie Mägenwil und Maria-Will errichtet, und die bestehenden Klöster Muri und Wettingen glanzvoll barock ausgebaut.
  • moderne Kirchen des 20. Jahrhunderts beider Konfessionen, die sich vor allem äusserlich oft nur wenig voneinander unterscheiden und sich an einem reduzierten Baustil der klassischen Moderne orientieren.

Um alle reformierten Kirchen innerhalb jedes Aargauer Bezirks anzuzeigen, wurden auch die Kirchen ohne Glasmalereien mit einem entsprechenden Vermerk aufgenommen.

Dass in historisch katholischen Gebieten weit weniger reformierte Kirchen vorhanden sind als in den reformiert gewordenen Gebieten, wird sofort ersichtlich. Zudem handelt es sich zumeist um neuere Kirchen, die meisten von ihnen sind erst im 20. Jahrhundert entstanden. Dasselbe trifft umgekehrt auch auf katholische Kirchen in reformiert gewordenen Gebieten zu.

Ein Blick auf den Nachbarkanton Zürich kann dies verdeutlichen: 1525 wurde im Untertanengebiet Zürich die Reformation durchgesetzt; 1524 waren die Klöster aufgehoben worden. Die bestehenden Kirchen wurden umgewandelt; so etwa sind die bekannten Kirchen Grossmünster, Fraumünster, Wasserkirche und St. Peter in der Innenstadt von Zürich alle vorreformatorisch und wurden nach der Reformation zu reformierten Kirchen umgewandelt. Ab 1522 war in der Stadt Zürich und ihrem Untertanengebiet die katholische Messe verboten worden. «Während fast 300 Jahren durften sich Katholiken im Gebiet des Standes Zürich nur unter besonderen Umständen niederlassen.» Ausnahmen bildeten Dietikon und Rheinau, die bis 1803 nicht zu Zürich, sondern zum Grundbesitz der Klöster Wettingen und Rheinau gehörten. Erst im 19. Jahrhundert, auch im Zuge der Industrialisierung, erhielten Katholiken mehr Rechte: 1807 erliess die Zürcher Regierung ein Toleranzedikt, das erstmals seit der Reformation katholische Messen erlaubte, allerdings auf die Stadt Zürich beschränkt. 1844 übergab die Stadt den Katholiken die Augustinerkirche, die seit der Reformation zweckentfremdet worden war und nicht mehr als Gotteshaus gedient hatte. Erst 1868 wurde eine erste katholische Kirche seit der Reformation auf Zürcher Gebiet neu erbaut: die neugotische Kirche St. Peter und Paul in Winterthur. 1874 erfolgte der Bau der ersten katholischen Kirche in der Stadt Zürich: die Kirche St. Peter und Paul in Zürich-Aussersihl. Insgesamt wurden zwischen 1868 und 1904 13 katholische Kirchen neu erbaut, darunter die Liebfrauenkirche in Zürich und weitere Kirchen in Männedorf, Wädenswil, Thalwil, Bülach, Küsnacht und Adliswil. Weitere Kirchen erfolgten im 20. Jahrhundert, und der heutige Bestand im ehemals rein reformierten Gebiet Zürich beträgt 117 katholische Kirchen, die alle zwischen 1868 und 2018 erbaut wurden. Der eigentliche «Bauboom» fand zwischen 1950 und 1973 statt.

Literatur: Markus Weber/Stephan Kölliker: Sakrales Zürich: 150 Jahre katholischer Kirchenbau im Kanton Zürich, 2 Bände, Zürich 2018.

Ein Vergleich mit der Bautätigkeit im Aargau zeigt, dass im gleichen Zeitraum 19 neue reformierte Kirchen entstanden sind, die Hälfte davon in den ehemals katholischen Untertanengebieten: Bergdietikon, Fislisbach, Laufenburg, Muri, Obersiggenthal, Rohrdorf, Spreitenbach, Turgi, Untersiggenthal. Die Diasporasituation der jeweiligen reformierten Kirchgemeinden erklärt auch, warum viele dieser Kirchen mit begrenzten finanziellen Mitteln errichtet werden mussten, sodass mitunter auch kein oder nur ein sehr schmales Budget für vielfältigen Kirchenschmuck inklusiv Glasmalereien übrig blieb!

Die konfessionellen, rechtlichen und baugeschichtlichen Folgen der Reformation blieben also bis ins 20. Jahrhundert hinein wirksam und sichtbar, und zwar sowohl in den katholisch gebliebenen wie den reformiert gewordenen Städten und Gebieten, und so entstanden im 19. und 20. Jahrhundert viele neue Kirchen der «Gegenkonfession» in den ehemals einheitlich konfessionellen Gebieten.

Beispiel eines Architektonischen Fernduells: Im Zuge der erfolgten Reformation wurde 1642 der bestehende Turm der Kirche Windisch erhöht. Kurioses, 700 Kilogramm schweres steinernes Detail am Turm: Der Bär, das Berner Wappentier, streckt seine Zunge Richtung katholisches Baden heraus.

Die Konfessionskämpfe und somit auch die Zeiten der architektonischen Fernduelle in konfessionell gemischen Gebieten, die sich zum Bespiel darin äusserten, dass bestehende Kirchtürme aufgestockt wurden (Stadtkirche Aarau, Stadtkirche Zofingen), sind seit längerem vorbei, stattdessen wird auch im Aargau die Ökumene gelebt.

Aarau – reformiertes Gebiet

  • Aarau: Felix Hoffmann (sechs Chorfenster) – Roland Guignard (sieben Fenster im Schiff)
  • Buchs: Felix Hoffmann
  • Densbüren: zwei historische Scheiben – Werner Sommer (drei Chorfenster) – Fensterrose über dem Portal – Johann Rudolf Schläppi (zehn Wappenscheiben von örtlichen Stammfamilien und Einzelscheibe über dem Eingangsportal)
  • Erlinsbach: zwei historische Wappenscheiben – Werner Sommer (Ostfenster)
  • Gränichen: Hans Ulrich Fisch II (sechs historische Wappenscheiben)
  • Kirchberg: Felix Hoffmann (drei Chorfenster; Szenen in den Seitenfenstern)
  • Muhen: Heiny Widmer (Chorwand und zwei seitliche Fenster)
  • Oberentfelden: Werkstatt Johann Jakob Röttinger (Chorfenster) – zwei historische Wappenscheiben
  • Unterentfelden: keine Glasmalereien
  • Rohr: Karl-Heinz Bürger (23 Fenster in der Ostwand)
  • Suhr: Felix Hoffmann (drei Fenster im Chor, sechs kleine Masswerkfenster im Schiff) – gotisches Glasfragment (Schiff)

Baden – katholisches Gebiet

  • Baden: keine Glasmalereien
  • Bergdietikon: Werner Christen (seitliches Betonglasfenster)
  • Mellingen: Minna Bühler (zwei Chorfenster)
  • Obersiggenthal: Fritz Strebel (zwei Fenster)
  • Rohrdorf: keine Glasmalereien
  • Spreitenbach: keine Glasmalereien
  • Turgi: Atelier Süss-Nägeli (zehn Buntglasfenster in den Seitenwände
  • Untersiggenthal: keine Glasmalereien
  • Wettingen: keine Glasmalereien
  • Würenlos: Daniel Gaemperle (elf Fenster)

Bremgarten – katholisches Gebiet

  • Bremgarten: Glasmaleratelier Jakob Kuhn (Masswerk)
  • Mutschellen: Martha Huber-Villiger (Fenster bei der Eingangstüre)
  • Wohlen: René Fröhlich (sechs Fenster)

Brugg – reformiert

  • Auenstein: Felix Hoffmann – historische Wappenscheibe
  • Birr: Werner Sommer (zwei Chorfenster)
  • Brugg: Reste von Glasmalerei an den unteren Rändern der Seitenschifffenster
  • Bözberg: Roland Guignard (vier Chorfenster)
  • Bözen: Felix Hoffmann (zentrales Chorfenster) – historische Wappenscheibe
  • Hausen: keine Glasmalereien
  • Mandach: Fritz Strebel (Chorfenster)
  • Mönthal: historische Scheiben (Rundscheibe im Chor, zehn kleine Wappenscheiben in den Langhausfenstern)
  • Rein: Werner Sommer (fünf Fenster im Chor)
  • Remigen: Willy Kaufmann (ein Fenster)
  • Schinznach: zwei historische Wappenscheiben (Erlachkapelle
  • Thalheim: zwei historische Scheibenfragment
  • Umiken: Felix Hoffmann (drei Fenster im Chor)
  • Veltheim: Georg Röttinger (drei Chorfenster)
  • Villigen: keine Glasmalereien
  • Windisch: Felix Hoffmann (Chorfenster)

Kulm – reformiert

  • Beinwil am See: Paul Eichenberger (halbrundes Chorfenster) – alte Scheibe von 1598 in einem der Nordfenster des Kirchenvorraumes
  • Birrwil: zwei historische Allianzscheiben von 1640 und 1689 – Friedrich Berbig (zwei Fenster)
  • Gontenschwil: Paul Eichenberger (Chorfenster) – Hans Ulrich I. Fisch (acht historische Wappenscheiben
  • Leutwil: drei historische Scheiben – Chorfenster 19. Jahrhundert
  • Menziken: Friedrich Berbig (drei Chorfenster)
  • Reinach: Friedrich Berbig (zentrales Chorfenster) – Paul Eichenberger (Seitenfenster Chor und Schiff)
  • Rued: Georg Röttinger (Chorfenster) – vier historischen Scheiben
  • Schöftland: Felix Hoffmann (Scheibe im mittleren der drei Chorfenster – mehrere historische Wappenscheiben
  • Teufenthal: : keine Glasmalereien
  • Unterkulm: sieben historische Scheiben

Laufenburg – katholisch

  • Kirche Frick: keine Glasmalereien Kirche Laufenburg: keine Glasmalereien

Lenzburg – reformiert

  • Ammerswil: Zwei Glasgemälde aus der Kirche befinden sich im Historischen Museum in Bern.
  • Brunegg: NN (farbiges Rondell in der verglasten Eingangstüre)
  • Egliswil: Hans Anliker (Chorfenster)
  • Holderbank: Glasatelier Jakob Kuhn (vier Chorfenster und vier Seitenfenster)
  • Hunzenschwil: Arnold Zahner (neun Fenster Ost- und Westwand)
  • Lenzburg: Paul Zehnder (zwei Chorfenster)
  • Meisterschwanden: Die beiden ehemaligen Fenster von Georg Röttinger aus dem frühen 20. Jahrhundert befinden sich heute im Kirchgemeindehaus.
  • Möriken: Robert Schär (fünf Chorfenster)
  • Niederlenz: Paul Eichenberger (Rundfenster im Chor) – Karl-Heinz Bürger (fünf Fenster im Schiff)
  • Othmarsingen: Georg Röttinger (acht Scheiben in den Chorfenstern, vier Scheiben in den Fenstern bei der Empore, eine Rundscheibe über dem Seitenportal, eine Halbrundscheibe über dem Eingangsportal
  • Rupperswil: Felix Hoffmann (drei Chorfenster und zwei kleiner Scheiben in der Nordwand)
  • Safenwil: Fritz Strebel (sechs Fenster im Seitenschiff
  • Schafisheim: Monika Kagermeier (Chorfenster)
  • Seengen: Projektskizze von Georg Röttinger für eine nicht ausgeführte Scheibe
  • Seon: keine Glasmalereien
  • Staufberg: drei gotische Fenster im Chor

Muri – katholisch

  • reformierte Kirche Muri: keine Glasmalereien

Zofingen – reformiert

  • Aarburg: Eduard Renggli (Mittelfenster über Hauptportal)
  • Brittnau: Hans Funk und Johann Jakob Müller (zwei historische Wappenscheiben) – Georg Röttinger (zwei Scheiben im Südfenster) – Fritz Strebel (drei Chorfenster und Masswerke im Schiff)
  • Leerau: sieben historische Wappenscheiben
  • Kölliken: Carl Roesch (sechs Scheiben in den Chorfenstern)
  • Murgenthal: Gian Casty (Chorfenster)
  • Oftringen: Fritz Pauli (drei Chorfenster)
  • Reitnau: sechs historische Wappenscheiben
  • Rothrist: neun historische Wappenscheiben
  • Strengelbach: Roland Guignard (zwei Fenster in den Seitenwänden) – Fritz Strebel (Fenster im Foyer)
  • Vordemwald: Paul Eichenberger (Rundfenster im Chor und Szenen in den Seitenfenstern)
  • Uerkheim: fünf historische Wappenscheiben
  • Zofingen: gotischer Passionszyklus (Chor) – historische Wappenscheiben

Zurzach – reformiert

  • Klingnau: Margrit Beck (drei Fenster im Langschiff)
  • Koblenz: Konrad Schmid
  • Tegerfelden: fünf historische Scheiben (16. Jahrhundert) – zwei Kabinettscheiben von Karl Wehrli – zwei Familienwappenscheiben und eine Scheibe mit dem Aargauer Kantonswappen

Rheinfelden – katholisch

  • Kaiseraugst: keine Glasmalereien
  • Möhlin: NN (vier Fenster in Seitenwand)
  • Rheinfelden: Felix Hoffmann (drei Chorfenster)
  • Stein: Friedrich Glatt (zwei Rundbogenfenster)