Streitigkeiten um Platzfragen in der Kirche – schon 1707...

Mit dem Anwachsen der Bevölkerung gab die Platzfrage in der Stadtkirche Zofingen Anlass zu Differenzen zwischen Stadt und Land. 1707 gab es um die Sitzplätze zum wiederholten Mal Streit: Auf Befehl der gnädigen Obrigkeit der Stadt Bern liess der Stiftsschaffner von Diessbach den Chor der Stadtkirche durchbrechen und zwei Bogen errichten, weil die Leute in der Kirche nicht mehr Platz hatten. Der Stiftsschaffner wollte nun die Leute der Landgemeinden im Chor platzieren und die freiwerdenden Plätze der Stadt Zofingen zuteilen, so dass im Kirchenschiff nur noch die Zofinger und die Landgemeinden im Chor gewesen wären. Hierauf traten aber die Vorgesetzten der Landgemeinden vor den Stiftsschaffner und baten ihn, er möchte ihnen die seit über hundert Jahren innegehabten Stühle nicht wegnehmen, umso mehr, als sie im Chor allein nicht genug Platz hätten. Trotz einer abschlägigen Antwort beharrten sie auf ihren angestammten Stühlen. Darüber wurde der Stiftsschaffner sehr aufgebracht und verfasste ein scharfes Schreiben an die Obrigkeit zu Bern. Er verklagte die Landgemeinden, sie seien wiederborstig und ungehorsam und verlangte von der Regierung die ganze Gewalt über die Kirche, damit er machen könne, was er wolle. Die Regierung antwortete, er solle den Rat von Zofingen und die Geistlichen zurate ziehen, damit der Streit geschlichtet werden könne. Vor dieses Gremium wurden auch die Vertreter der Landgemeinden geladen. Der Stiftsschaffner, der die Versammlung vorher verlassen hatte, unterlag schliesslich: Zwei Ratsmitglieder baten ihn im Namen des Rats und der Geistlichen, den Bauern die Sitze zu belassen. Hierauf gab dieser nach und liess es bei der bisherigen Sitzordnung verbleiben.

aus: Heinrich Fehr, Geschichte der Gemeinde Strengelbach, Strengelbach 1960, Seite 80.