Reformierte Pfarrherren sind auch nur Menschen!

Thalheim hatte im 16. und 17. Jahrhundert – wie viele andere Pfarreien – nicht immer Glück mit seinen Prädikanten. Im gesamten bernischen Unteraargau verloren seit der Reformation (1528) und bis zum Ende des Jahrhunderts 38 Pfarrherren ihre Stelle. Im 17. Jahrhundert sank die Zahl der ihres Amtes enthobenen Seelsorger dann drastisch auf 17, im 18. Jahrhundert auf nur noch 3 Pfarrpersonen. Neben den Abgesetzten gab es eine ungleich grössere Zahl von Prädikanten, die gerügt, zitiert, bestraft, aber nicht «entsetzt» worden waren. Die über 1’200 Geistlichen der Berner Zeit (bis 1798) «lebten mit unserem Volk, waren seine Söhne und wurden von ihm getragen oder zerschellten an ihm» (Willy Pfister).

Johannes Aehler war wohl der erste Prädikant in Thalheim. Er ist hier (mit Unterbrüchen) von 1528 bis 1566 nachweisbar. Immer wieder musste sich der Berner Rat mit seiner Person befassen. 1565 wurde ihm empfohlen, statt Geld und Güter nach Basel zu schicken, sich doch lieber um seinen ledigen, in Armut lebenden Sohn und seine vielen Kinder zu kümmern. Ein Jahr später musste er die Konsequenzen tragen für Schmähungen der Kapitelsherren (im vorgesetzte Pfarrherren des Kapitels Brugg). Bereits 1541 hatte Pfarrer Aehler für seinen unehelichen Sohn gegen die Bezahlung von drei Gulden die Befreiung von den Nachteilen einer unehelichen Geburt erhalten. Künftig sollte er wieder wie ein eheliches Kind Rechtsgeschäfte tätigen können.

Johannes Aehlers Nachfolger wurde 1566 Magnus Zankmeister aus Memmingen. Er war zuvor in kurzer Abfolge Prädikant in Mandach (1558-1560), Birr (1560-1565) und Veltheim (1565-1566) gewesen. Zankmeister starb 1672 in Thalheim im Amt. Während seiner Mandacher Zeit war er nach Bern zitiert worden, um ihn wegen seiner «liederlichen und köstlichen» Haushaltung zur Rechenschaft zu ziehen.

Magnus Zankmeisters Nachfolger war Samuel Möriker von Aarau. Er blieb bis zu seinem Tod 1611 (ein Pestjahr) in Thalheim und war seit den späten 1580er-Jahren wegen argen Geldschulden, schlechter Haushaltsführung, Sticheleien und Beleidigungen, vor allem aber wegen Gerüchten über amouröse Affären vielfach vor das Kapitel geladen worden.

In der Gemeinde stehe er, ist in den Kapitelsakten nachzulesen, in einem mächtigen Gerede über Ehebruch mit Baschi Schneiders, des Baders Frau, und soll seine Töchter besser in Zucht und Gottesfurcht halten. Es gebe Streit und Unruhe im Dorf. Er habe von böswilligen Dorfbewohnern Schlimmes zu ertragen, beklagte sich Prädikant Möriker. Das Kapitel rät ihm, sich unnützer Reden zu enthalten.

Bald schon tauchen aber neue Klagen auf. Er stehe wiederum in Verdacht mit seines Nachbarn Weib unerlaubten Umgang zu pflegen. Er trage ihr Wein und anderes zu, indessen lasse er seine Ehefrau im Mangel sitzen.

Obwohl ihm der Dekan ein Wirtshausverbot auferlegt hatte, soll der Prädikant in zwei Wochen 14–15 Gulden verzehrt haben. Die Wirtin sei zudem die Schwester jener Frau, mit der er in bösem Verdacht stehe, und in jenem Wirtshaus würden auch «die Einzüge gehalten» (=die Treffen stattfinden).

Nach einem Pfarrherren, der keinen Anlass zu Klagen gab (Jakob Fischer, 1611–1627 in Thalheim), trat Georg Zink, ein Flüchtling aus der Pfalz 1627, sein Amt in Thalheim an. Er wurde 1640 abgesetzt, weil er im Streit mit dem Landvogt von Schenkenberg beleidigende Vorwürfe geäussert hatte.