Vom Rätsel einer ausgebauten Orgelpfeife und von 15 Kilo angerostetem Eisen

Mitte Oktober 2017. Die Sigristin Iris Ummel staunte nicht schlecht, als sie bei einem Gang in die Kirche direkt vor dem Portal etwas Merkwürdiges stehen sah: ein eisernes Gewicht, wie man es als Stopper für Lastwagen oder auf dem Bau verwendet, das bestimmt nicht zum traditionellen Inventar der Egliswiler Kirche gehörte.

Der etwa 15 Kilo schwere Eisenstopper, wie ihn die Sigristin Mitte Oktober vor dem Kirchenportal vorfand

Im Innern wurde das Staunen noch grösser: Da lag auf der Orgelbank im Chor eine einzelne grosse Orgelpfeife! Der Orgelbauer, der diese Orgelpfeife kurz danach wieder fachgerecht einbauen musste, stellte fest, dass es sich um die grösste Orgelpfeife der Orgel handelte, die zudem aus einer der hinteren Reihen entfernt worden war. Nicht eben sanft übrigens, denn sie wies, wie auch eine Orgelpfeife in der vordersten Reihe, Kratzer auf und war leicht verbogen.

Die kleine Chororgel mit Orgelbank, auf der diese einzelne Orgelpfeife lag

Wie war das möglich? Und warum eine einzelne Orgelpfeife – die zudem einfach liegen gelassen wurde? Rätsel über Rätsel! Darüber zerbricht man sich seither den Kopf, und auch die temporären Besucher, Kunsthistorikerin und Fotograf, konnten sich vor Ort nicht genug darüber wundern beim temperamentvollen Erzählen Iris Ummels über den Vorfall, das immer wieder durch das ungläubige Lachen aller drei Anwesenden unterbrochen wurde. Der Täter muss bei seinem Tun auch die beiden gut versteckten Schlüsselchen – Iris Hummel: «Wo die aufbewahrt wurden, wussten nur der Orgelbauer, der Organist und ich!» – zum Aufschliessen der Orgel gefunden haben, denn eines davon lag am Boden und das zweite unter der Orgelbank. Einen oder zwei Tage später wurde in der Kirche übrigens auch noch der Versuch unternommen, die Kollektenkasse aufzubrechen, allerdings vergeblich. Iris Ummel hierzu: «Es war sowieso nichts drin!» Kunsthistorikerin und Fotograf verliessen die wunderschöne kleine Kirche mit starken sakralen und profanen Eindrücken, wozu auch der sehr steile, geradezu halsbrecherische Aufstieg in den dunklen Glockenturm gehörte – «Es hat auch Fledermäuse!» – und vielen Fotos, und im weiteren mit dieser höchst merkwürdigen Geschichte um eine einzelne Orgelpfeife, der sich wenig später eine noch weitaus temperamentvollere Schilderung der nachhaltigen Verwüstung eines Gartens durch eine Horde ausgebrochener Rinder aus Muttertierhaltung zugesellt hatte, ebenfalls unvergesslich – aber das wäre nochmals eine andere Geschichte...

Inzwischen ist die grösste Orgelpfeife repariert und wieder an ihrem Platz; für die beiden Schlüsselchen wurde ein – hoffentlich noch besserer – geheimer Platz gefunden. Aber die Angelegenheit bleibt ein Rätsel.

Sachdienliche Hinweise zu dem ungelösten Fall, auch falls jemand 15 Kilo kompaktes angerostetes Eisen vermisst, nehmen Frau Ummel bzw. die Kirchgemeinde gerne entgegen!

© Barbara Tobler
30. November 2017