Die Glasmalereien

Die fünf farbigen Chorfenster in der Kirche Möriken wurden vom Steffisburger Glasmaler Robert Schär (1894–1973) geschaffen und befinden sich seit 1951 in der Kirche. Die Farben sind nicht aufgemalt, die Fenster wurden vielmehr aus eingefärbten Glasfeldern zusammengesetzt. Farblich dominieren Blau und Rot. Thematisch widmen sich die Fenster dem Heiligen Geist und seiner Wirkung im Christentum.

Das zentrale Fenster zeigt Pfingsten – wobei das eigentliche Pfingstwunder, die Herabkunft des Heiligen Geists, nur relativ klein im unteren Drittel der Szene dargestellt wird: Acht Männer strecken ihre Hände der Taube, dem Symbol des Heiligen Geistes, entgegen, auf ihren Köpfen schweben Flammenzungen.

Das zentrale Pfingstfenster

«Als nun die Zeit erfüllt und der Tag des Pfingstfestes gekommen war, waren sie alle beisammen an einem Ort. Da entstand auf einmal vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie sassen; und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich zerteilten, und auf jeden von ihnen liess eine sich nieder. Und sie wurden alle erfüllt von heiligem Geist und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie der Geist es ihnen eingab.» (Apg 2,1-4)

Dominiert wird das Bild vom Propheten Joel, der mit erhobenem Zeigfinger auf einem Hocker sitzt, den Blick nach oben gerichtet. Neben seinem Kopf erscheinen Sonne und Mond. Im alttestamentarischen Buch Joel heisst es: «Und danach werde ich meinen Geist ausgiessen über alles Fleisch, und eure Söhne und eure Töchter werden weissagen, eure Alten werden Träume, eure jungen Männer werden Schauungen haben.» (Joel 3,1)

Der Prophet sagt das Pfingstwunder voraus, bei dem der Geist Gottes allen, unabhängig von Geschlecht, Rang und Herkunft, zuteil werden wird.

Die Pfingstpredigt

Das Fenster links aussen widmet sich der Pfingstpredigt. Zu sehen sind Petrus und, kleiner im Hintergrund und mit seinem Namen versehen, Johannes, zwei Apostel also, welche die Wurzeln des Christentums bilden. Das Fenster zeigt eine Szene aus der Apostelgeschichte: Petrus, dargestellt mit Schlüssel und erhobenen Händen, hält kurz nach dem Pfingstwunder in Jerusalem eine Predigt, in der er die Juden schonungslos kritisiert. Und das in aller Öffentlichkeit und just an dem Tag, an dem die Juden 50 Tage nach dem Pessach-Fest das Schawuot-Fest feierten und ganz Jerusalem auf den Beinen war. Petrus, der noch 50 Tage zuvor Jesus aus Angst dreimal verleugnete, bekennt sich hier bedingungslos und unter grossem Risiko zum neuen Glauben. Seine Predigt beendigt er mit dem Aufruf:
«Kehrt um, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden, und ihr werdet die Gabe des heiligen Geistes empfangen.» (Apg 2, 38)

Johannes, der Lieblingsjünger von Jesus, ist nach Petrus der meistgenannte Apostel in der Bibel, und wie dieser ist er ein wichtiger Verkünder des frühen Christentums; das Johannes-Evangelium steht innerhalb der Bibel in einer eigenen Tradition. Dass die beiden Männer in dieser Szene gemeinsam dargestellt werden, kann ein Hinweis darauf sein, dass es in der Kirche mehr als eine «Stimme der Wahrheit» gibt.

Die Heilung des Gelähmten

Das Fenster links des zentralen Pfingstfensters zeigt die Heilung eines Gelähmten, dem Petrus und Johannes vor einem Tempel in Jerusalem begegnen und der sie um Almosen anbettelt. Die beiden Apostel sind zusammen mit zwei weiteren Männern im unteren Teil der Szene dargestellt. Im oberen Teil ist der Gelähmte, abgemagert und in ein zerrissenes Gewand gehüllt, gerade im Begriff aufzustehen: Mit den Händen stützt er sich vom Stuhl ab, seine Krücke liegt am Boden – er braucht sie nicht mehr. Auf die Bitte des Gelähmten nach Almosen antwortet Petrus: «Silber und Gold besitze ich nicht; was ich aber habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi des Nazareners, steh auf und zeig, dass du gehen kannst.» (Apg 3,6) Und der Gelähmte kann tatsächlich aufstehen und umhergehen. Seine weit aufgerissenen Augen zeugen von seiner Überraschung und wohl auch von seinem Schreck über den eigenen Mut.

Die Taufe des äthiopischen Schatzmeisters

Auch im Fenster rechts des zentralen Pfingstfensters ist mit der Taufe des äthiopischen Schatzmeisters ein Ereignis aus der Apostelgeschichte dargestellt. Philippus, ein von der Jerusalemer Urgemeinde gewählten Diakon, tauft einen äthiopischen Schatzmeister, der auf der Rückreise von Jerusalem in seine Heimat eine Schrift des Propheten Jesaja liest, ohne diese jedoch zu verstehen.

«Da sprach der Geist zu Philippus: Geh und folge diesem Wagen. Philippus holte ihn ein und hörte, wie er im Propheten Jesaja las, und sagte: Verstehst du, was du da liest? Der sagte: Wie könnte ich, wenn niemand mich anleitet? Und er bat Philippus, auf den Wagen zu steigen und sich zu ihm zu setzen. (...) Da tat Philippus seinen Mund auf und begann, ihm von dieser Schriftstelle ausgehend das Evangelium von Jesus zu verkündigen. Als sie weiterzogen, kamen sie zu einer Wasserstelle, und der Eunuch sagte: Schau, hier ist Wasser; was steht meiner Taufe noch im Weg? Und er liess den Wagen anhalten, und sie stiegen beide ins Wasser hinab, Philippus und der Eunuch, und er taufte ihn.» (Apg 8,29 ff.)

Der obere Teil des Fensters zeigt den Moment, in dem Philippus den Schatzmeister anhält. Im Vergleich zum Kämmerer auf seinem prunkvollen Wagen ist der Diakon winzig, und doch hat er den Mut, diesen anzusprechen. Die eigentliche Taufe im Wasser ist im unteren Teil des Bildes dargestellt. Hier sind alle Beteiligten gleich gross. Dies zeigt: Vor Gott sind alle Menschen gleich.

Das Abendmahl

Das Fenster rechts aussen ist dem Abendmahl gewidmet. Die grosse Figur stellt Christus als Auferstandenen in einem weissen Gewand mit violettem Umhang dar; Weiss und Violett sind die liturgischen Farben zu Ostern. Neben Christus befinden sich seine Symbole, das Lamm und der Weinstock. Links neben seinem Kopf ist der Kelch mit Wein zu sehen, der die Verbindung herstellt zur Szene im unteren Teil des Fensters, wo sich die Gemeinde zur Abendmahl-Feier versammelt hat und das Brot teilt.

Die Informationen zu diesem Kapitel stammen hauptsächlich aus: «Die Möriker Kirchenfenster», verfasst von Ursula Vock und Martin Kuse. Die Bibelzitate sind der Neuen Zürcher Bibel entnommen.