Die Glasmalereien

In der Kirche Leutwil sind drei alte Scheiben aus dem 15. bis 17. Jahrhundert zu sehen. Im Zusammenhang mit dem Umbau der Kirche von 1897 wurde der Bestand um eine neue grosse Glasmalerei für das zentrale Fenster im Chor ergänzt (1897). Bei der 1963 abgeschlossenen Gesamtrenovation der Kirche wurden die alten Scheiben neu geordnet. Seither sind sie im linken bzw. rechten Chorseitenfenster und im nördlichen Langhausfenster platziert.

Die älteste Glasmalerei in der Kirche Leutwil von 1492, ein Fragment mit den beiden Apostelfiguren Petrus (links, mit Schlüssel) und Paulus (rechts, mit Schwert)

Das Fenster im Chor zeigt im typischen Stil der Zeit eine segnende Christusfigur. Mit dem goldenen Nimbus und den – interessanterweise nur an den Händen aufgezeichneten – Stigmata vermittelt sie einen leicht katholischen Anhauch. Auch darin zeigt sie eine gewisse Ähnlichkeit mit der Christusdarstellung im Chor der nahe gelegenen Kirche Reinach, die etwas früher (1888) von Friedrich Berbig geschaffen wurde.

Christus auf einem mit Blumen geschmückten Wiesenstück und vor blau damasziertem Sternenhimmel und goldenen Sternen schreitet nach vorn aus, mit segnend erhobenen Händen, das im nazarenischen Stil weichgezeichnete, milde Gesicht dem Betrachter in der Kirche zugewandt. Zur Verdeutlichung des Transzendenten («Überschreiten») reichen die Hände Christi über den Rahmen des Bildes hinaus – ein häufig gebrauchtes Stilmittel, um dieses Überschreiten, Übersteigen auch bildlich darzustellen, hier im Sinne, dass dem Wirken dieser Händen keine (irdischen) Grenzen gesetzt sind. Zuoberst finden sich goldene Rankenornamente als Verzierung im masswerkartig gestalteten oberen Teil der Glasmalerei.

Die von 1897 stammende neue Glasmalerei im Chorscheitel
Foto Barbara Tobler

Detail der Christusdarstellung vor blau damaszierten Hintergrund und goldenen Sternen
Foto Barbara Tobler

Die blaue Hintergrunddamaszierung findet sich auch in der runden Berner Ämterscheibe aus dem Jahre 1540 (möglicherweise hat sich der Schöpfer des Christusbildes davon inspirieren lassen und das Motiv bewusst aufgenommen). Diese Scheibe vom Durchmesser 42,5 cm wurde anlässlich des Erweiterungsbaus von 1615 gestiftet, der Glasmaler ist unbekannt. Umgeben vom Ämterkranz mit den Wappen finden sich zwei Löwen als Schildhalter mit der Wappenpyramide Bern-Reich.

Ämterscheibe Bern von 1540

Die Wappenscheibe Freudenreich wurde vermutlich im gleichen Zeitraum gestiftet und zeigt das Wappen des Michael Freudenreich, der 1616-32 Landvogt von Lenzburg war. Ein ovales Frucht- und Blattgewinde umschliesst das Familienwappen. von dessen Schild nur noch die rechte Hälfte erhalten ist. Ebenfalls nur noch teilweise erhalten ist die Inschrift: «Michael Freu(denrych der zyt) / Landvogtt der (Graffschafft Lentz) / burg Anno (1616?)». Vermutlich wurde die Scheibe von Hans Ulrich I. Fisch angefertigt.

Wappenscheibe Freudenreich 1616-22

Bei der ältesten Scheibe von 1491 handelt es sich um ein aus Bruchstücken zusammengefügtes Fragment mit den Massen 51,5x60 cm, das die beiden Apostel Petrus und Paulus mit Schlüssel und Schwert zeigt, die sich auf einem bräunlichen, sehr kunstvoll gestalteten Rasenstück gegenüberstehen. Verbunden werden die beiden Figuren durch eine graue Inschrift, die Johann von Hallwil als Stifter nennt.

Bemerkenswert ist die feine und je unterschiedliche Gestaltung der Gesichter der beiden Apostel. Farblich dominierten in den wuchtig wirkenden Gewändern die Blau und Rot, noch ganz in der gotischen Tradition. Die Ornamentierung der goldenen Nimben mit den weichen Rundungen zum Rand hin wurde ganz offensichtlich in der Nimbusgestaltung des Christus im zentralen Chorbild wieder aufgenommen!

Das schwarzgoldene Wappenschild der Hallwil und der untere Teil des Fragments mit Inschrift und den beiden Engels sind Beifügungen, vermutlich aus dem 17. Jahrhundert, stammen also aus einer späteren Zeit.

Fotos © Hans Fischer