Faszination Glasmalerei: Sakrale Glasmalerei in reformierten Kirchen im Aargau

Glas und seine besonderen Eigenschaften faszinieren die Menschen seit jeher: seine Härte, Widerstandskraft, Fragilität und Transparenz. Erste Glasobjekte stammen bereits aus der 2. Hälfte des 3. Jahrtausends v. Chr.: farbige Perlen und Schmuckobjekte. Lange blieb Glas selten und kostbar, erst die industrielle Herstellung ermöglichte erschwingliche Massenproduktion.

Glanz und Durchlässigkeit von Glas – die Verbindung zum Transzendenten, Göttlichen, das seit jeher mit dem Licht verbunden war, ist naheliegend. Erste, noch kleine Fenster aus Glas kommen in der romanischen Baukunst auf. Sie entwickeln sich in der Gotik zu überirdisch wirkenden Wunderwerken, die auch heute noch selbst glaubens- und kirchenferne Menschen ergriffen vor den Fenstern in Chartres oder in der Sainte-Chapelle in Paris staunen lässt.

Glasmalerei hat eine lange Tradition innerhalb der Geschichte der Sakralarchitektur, und die Faszination ist ungebrochen. Sie ist keine autonome Kunst wie ein Gemälde oder eine Skulptur, sondern eingebunden in eine architektonische, häufig sakrale Umgebung: Ein Wandfläche, das Mauerwerk wird durchbrochen und in die Öffnung weisses oder farbiges Glas eingelassen, das dadurch Bauteil und Bildträger in einem wird. In diesen Fenstern bricht mit dem Licht das Göttliche in das dunkle Kircheninnere ein und lässt das Transzendente erahnen. Die Lichtquelle, das natürliche Sonnenlicht, kommt von aussen und ermöglicht stetig wandelnde Lichtreflexe.

Kirche Suhr, spätgotisches Fragment
Foto © Hans Fischer

Auch in den Kirchen des Aargau findet sich ein reicher Bestand an Glasmalereien von der Gotik bis in die Gegenwart. Der katholische Aargau verfügt mit den Fenstern in der Klosterkirche Königsfelden, in den Klöstern Wettingen und Muri über herausragende Beispiele an sakraler Glasmalerei, aber auch die über 90, in protestantischer Tradition schmuckmässig zurückhaltenden, reformierten Kirchen im Aargau bieten einen überraschenden Schatz an Glasmalereien aus dem Spätmittelalter bis ins 20. Jahrhundert. Selbst wenn seit der Reformation die Themenbereiche und Motive gegenüber Glasmalereien in katholischen Kirchen begrenzter sind und vieles aus theologisch-konfessionellen Gründen wegfällt (so etwa Marien- und Heiligendarstellungen), ist das Themenspektrum breit: vielfältige biblische Themen und Motive, Standes- und Wappenscheiben, abstrakte Darstellungen. Auch stilistisch lässt sich ganz Unterschiedliches finden.

Bekanntlich wurden während der Reformation im sogenannten «Bildersturm» sehr viele sakrale Werke wie Altäre, Bilder, Statuen und liturgische Geräte unwiderbringlich zerstört. Glasmalereien waren davon wenig betroffen, denn der Zürcher Reformator Huldrych Zwingli (1485–1531) nahm sie explizit von der Zerstörung aus, mit dem Hinweis: «Denn niemand verehrt sie dort.» Ein weiterer, eher pragmatischer Grund mag gewesen sein, dass eine Neuverglasung damals eine kostspielige Angelegenheit war. So verfügen auch im Aargau vorreformatorische Kirchen, selbst wenn sie zu reformierten Gitteshäusern umgewandelt wurden, teilweise über alte Glasmalereien. Ein prominentes Beispiel sind die drei grossartigen gotischen Chorfenster von 1435/40 auf dem Staufberg.

Seit der Reformation wurden in reformierten Kirchen prunkvolle barocke Standes- und Wappenscheiben aufgehängt, so etwa diejenigen von Hans Ulrich Fisch in der Kirche Gränichen. Künstler im 19. Jahrhundert waren Vater und Sohn Röttinger, Friedrich Berbig oder Karl Wehrli. Im 20. Jahrhundert ist vor allem der Aarauer Künstler Felix Hoffmann zu nennen, der in insgesamt 11 Aargauer Kirchen Glasmalereien gestaltet hat, von kleinen Scheiben (Auenstein, Schöftland) bis zur umfassenden «Biblia Pauperum» in den sechs Chorfenstern der Stadtkirche Aarau. Weitere Glaskünstler des 20. Jahrhunderts sind Paul Eichenberger, Gian Casty, Fritz Pauli und viele weitere, oft lokale Künstler oder Glaskunstateliers, die in reformierten Aargauer Kirchen Glasmalereien gestalteten.

Dieser Schatz soll nun innerhalb des Internetauftritts der reformierten Kirchen im Aargau ausführlich gewürdigt werden. In diesem Bereich wird es um Grundsätzliches zur sakralen Glasmalerei gehen (Geschichte und Technik), dann werden die Glasmalereien in den reformierten Aargauer Kirchen nach verschiedenen Kategorien aufgeführt: alphabetisch, chronologisch, gebietsweise, nach Künstlern, thematisch, stilistisch. In weiteren sind zusätzliche Informationen und eine Literaturliste verfügbar.

Texte zur Glasmalerei in Aargauer reformierten Kirchen in der Zeitschrift a+o:
Teil 1 – Ausgabe Juli/August 2016: «Tradition, die fasziniert: Glasmalerei in den reformierten Aargauer Kirchen»
Teil 2 – Ausgabe Juni 2019: «Farbige Schätze – von gotisch bis abstrakt: Glasmalerei in der Dokumentation der reformierten Aargauer Kirchen» (PDF, 336 KB)

Verfasst von Barbara Tobler